3. Zufallsgrößen, Erwartungswert und Varianz
3.1 Zufallsgröße X
In der Wahrscheinlichkeitsrechnung werden sehr häufig Spielsysteme untersucht. Häufig spielt man mit Karten oder Würfeln. Da man mit diesen Ereignissen keine Berechnungen machen kann (mit Kreuz Bube und Herz Dame kann man nicht rechnen), führt man für diese Berechnungen eine Größe ein, mit der man Rechnungen vornehmen kann. Dieses sind die sogenannten Zufallsgrößen, wobei jedem Ergebnis eines Zufallsexperimentes eine Zufallsgröße zugeordnet wird. Man unterscheidet diskrete Zufallsgrößen (endliche Anzahl) oder stetige Zufallsgrößen (unendlich viele Größen).
3.2 Erwartungswert
Eine Funktion X, die jedem Ergebnis E eines Zufallsexperimentes eine reelle Zahl X(E) zuordnet, heißt Zufallsgröße. Der Erwartungswert einer diskreten Zufallsvariable X mit endlicher Ereignismenge Ω = {x1, x2, x3, …, xn} wie folgt definiert:
E(X) = μ = x1‧P(X=x1)+ x2‧P(X=x2)+ …+ xn ‧P(X=xn)
Für den Erwartungswert wird häufig auch der griechische Buchstabe μ verwendet.
Zur Lösung wird häufig eine Tabelle benutzt, um alle Zufallsgrößen mit den Wahrscheinlichkeiten zu verbinden. Bei Gewinnspielen berechnet man mit dem Erwartungswert den voraussichtliche n Ausgang des Gewinnspiels. Ist dieser Wert 0, so spricht man von einem fairen Spiel.
Beispiel 1: Zwei Personen vereinbaren ein Spiel. Es wird ein „fairer“ Würfel geworfen. Falls der Spieler, der den Würfel geworfen hat, eine 6 würfelt, erhält er von dem anderen Spieler 12€. Die Zufallsvariable X, die den Gewinn des Spielers der den Würfel wirft beschreibt, hätte folgende Verteilung:
| Augenzahl | Zufallsgröße X | Wahrscheinlichkeit P(X) |
| 6 | 12 € | 1/6 |
| 1,2,3,4,5 | 0 € | 5/6 |
Der Erwartungswert beträgt E(X) = 12€ ∙ 1/6 + 0€‧ 5/6 = 2€. Der Erwartungswert beträgt also 2€, d.h. der würfelnde Spieler gewinnt im „mittel“ pro Spiel 2€. Soll das Spiel fair sein, dann muss er dem anderen Spieler pro Spiel einen Einsatz von 2€ bezahlen. Baut man den Einsatz mit in das Spiel ein, so ergibt sich folgende Tabelle:
| Augenzahl | Zufallsgröße X | Wahrscheinlichkeit P(X) |
| 6 | 12 € – 2 € = 10 € | 1/6 |
| 1,2,3,4,5 | -2 € | 5/6 |
Der Erwartungswert beträgt somit: E(X) = 10€ ‧1/6 + (-2€)‧5/6 = 10/6 € – 10/6 € = 0 €
Beispiel 2: Es wird 3-mal eine faire Münze geworfen mit den Seiten Kopf (K) und Zahl (Z). Der Einsatz beträgt einmalig 4€. Für jeden Wurf, bei dem K oben liegt, erhält der Spieler 2€. Ist das Spiel fair?
| Würfe | Zufallsgröße X | Wahrscheinlichkeit P(X) |
| (K,K,K) | 6 € | 1/2*1/2*1/2=1/8 |
| (K,K,Z);(K,Z,K);(Z,K,K) | 4 € | 3/8 |
| (K,Z,Z);(Z,K,Z);(Z,Z,K) | 2 € | 3/8 |
| (Z,Z,Z) | 0 € | 1/8 |
Der Erwartungswert ist hierbei: E(X)= 6€ ‧ 1/8 + 4 € ‧3/8 + 2 € ‧3/8 + 0 € ‧1/8 = 24/8 € = 3 €
Im Schnitt verliert man bei diesem Spiel immer 1 €, da man ja 4 € einsetzt.
3.3 Varianz und Standardabweichung
Wichtig für eine Einschätzung eines Spiels oder einer Zufallsgröße ist nicht nur der Erwartungswert sondern auch, wie weit sind die einzelnen Ergebnisse davon verstreut. Dies ist die Standardabweichung σ oder auch die Varianz V(x). Die Standardabweichung σ ist die Wurzel aus der Varianz V(x). Bei der Varianz wird immer der Abstand zum Erwartungswert quadriert und mit seiner Wahrscheinlichkeit multipliziert. Alle Ergebnisse werden aufaddiert.
V(x) = (x1 – μ)2 +(x2 – μ)2 +(x3 – μ)2 +…+(xn – μ)2
σ = √V(x) ist die Standardabweichung.
Beim Beispiel mit der Münze ist dies:
V(x) = (6€-3€)2‧1/8 + (4€-3€)2‧3/8 + (2€-3€)2‧3/8 + (0€-3€)2‧1/8
= 9€‧1/8 + 1€‧3/8 + 1€‧3/8 + 9€‧1/8 = 3€ ist die Varianz
σ = √3€= 1,73€ ist die Standardabweichung
Je größer die Varianz bzw. die Standardabweichung ist, umso schlechter eignet sich der Erwartungswert als ein Wert für eine Vorhersage bzw. umso mehr „streuen die Werte um den Erwartungswert“.
Beispiel 3: Es werden 2 faire Würfel gewürfelt. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass
(a) die Augensumme gleich 6 ist?
(b) die Augensumme höchstens gleich 4 ist?
(c) die Ausgensumme größer als 2 ist?
(d) Wie groß ist der Erwartungswert der Zufallsvariable S (der Summe der Augenzahlen)?
Lösung:
(a) P((1,5);(2,4);(3,3);(4,2);(5,1)) = 5 ‧ 1/6 ‧ 1/6 = 5/36
(b) P((1,1);(1,2);(1;3);(2,1);(2,2);(3,1)) = 6 ‧ 1/6 ‧ 1/6 = 6/36 = 1/6
(c) P(S>2) = 1 – P(S<=2) = 1 – P((1,1) = 1 – 1/36 = 35/36
(d) E(x)=2‧1/36+3‧2/36+4‧3/36+5‧4/36+6‧5/36+7‧6/36+8‧5/36+9‧4/36+10‧3/36+11‧2/36+12‧1/36
= 252/36 = 7 Die Augensumme 7 wird beim Würfeln erwartet.